Das Experiment mit der Sprache ist immer auch das mit der Realität, mit der sie in Beziehung tritt. Die Poesie führt uns in einen Dialog. Sie sucht ein Gegenüber, selbst dort, wo sie sich in die eigene Form zurückzieht und Bedeutung verneint. Ihr Weg führt uns von Innen nach Außen und von dort aus zurück auf uns zu.
Unsere Suche nach Sprache folgt keiner abstrakten Fragestellung. Es geht weniger darum, mit den Mitteln der Dekonstruktion und Entknüpfung eine „andere“ Sprache zu finden, als vielmehr darum, in sie zu einzutreten.
Die Mikropoesie verweist uns auf das Wort in seiner grundsätzlichen Möglichkeit. Sie stellt es in die Mitte der Wirklichkeit oder an deren Ränder.
Mikropoetische Texte bilden womöglich Sätze die ohne Verb, ohne Adjektiv oder Substantiv auskommen oder aber auch nur aus Adjektiven, Substantiven und Verben bestehen. Ihr Zusammenhang, ihre innere Zuordnung folgt alleine der Bindungsfähigkeit und Valenz ihrer Worte. Ihre Struktur und Syntax ist molekular.
Punkt und Komma dienen uns dabei weniger zur Unterscheidung und Trennung von Satzteilen, sondern eher als Hinweise auf bestehende Bindungen oder mögliche Verknüpfungen, als Haltepunkte oder Atempause, Doppelpunkte als Fragezeichen und Antwort, oder aber auch als Verweis auf einen offen gelassenen leeren Text.
Mikropoesie stellt das ungesagt Bleibende an die Seite des Wortes.
Die von ihr übertragenen Inhalte können Subtexte des von ihr unausgesprochen und unbenannt Bleibenden, ihre Inhalte Leerstellen, ihre Leerstellen Inhalte sein.